Berlin, 01. April 2019. Massiver Gegenwind für Gesundheitsminister Spahn und sein Gesetzesvorhaben, bei der Organspende künftig eine Widerspruchsregelung zu etablieren: Gut zwei Drittel der Deutschen ist dagegen und möchte selbst zustimmen oder ablehnen. Auch fühlt sich über die Hälfte schlecht informiert über den Vorgang der Organspende und den Hirntod als Voraussetzung dafür. Jede*r Dritte weiß nicht, wie man überhaupt Organspender*in werden kann. Das ergab eine repräsentative Umfrage der Schwenninger Krankenkasse bei 1.068 Bürger*innen über 18 Jahre.

Dieses Ergebnis bestätigt, was GESUNDHEIT AKTIV seit langem bemängelt: Die Bürger*innen sind zu diesem Thema bei weitem nicht umfassend und ehrlich genug aufgeklärt.

Trotzdem hat Spahn zusammen mit dem SPD-Fraktionsvize und Gesundheitspolitischen Sprecher der SPD, Karl Lauterbach, einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur Widerspruchsregelung ausgearbeitet und am 1. April 2019 vorgelegt, um ihn im Parlament in Kürze zur fraktionsoffenen Abstimmung zu stellen. Demnach soll jede*r Bürger*in nach ihrem/seinem Hirntod als potenzielle*r Organspender*in gelten, sofern sie/er nicht widersprochen hat. Wer nicht spenden will, soll dies in einem eigenen Register dokumentieren. Dieses Veto kann jederzeit selbst eingetragen oder wieder gelöscht werden.

Auch die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, die Herzchirurgin Claudia Schmidtke (CDU), befürwortet die Widerspruchsregelung. Sie meint, es müsse „normal sein, dass man Organspender ist“. In einem Streitgespräch mit der Patientenbeauftragten hielt der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, dagegen, dass die Transplantationsmedizin in Deutschland „ein Vertrauensdefizit“ habe, das durch „indirekte Zwangsmaßnahmen wie die Einführung der Widerspruchslösung“ eher noch verstärkt werde. Als Signal sei das „denkbar falsch“ und man erweise der Organspende damit „einen Bärendienst“. Dabrock plädierte dafür, dass jeder Erwachsene zu diesem Thema befragt und seine Entscheidung in einem Zentralregister erfasst werden solle.

Auch der Medizinethiker Prof. Dr. Giovanni Maio spricht sich dafür aus, die Entscheidung gut zu überdenken: „Es ist ein persönlicher Wunsch, seine Organe nach dem Hirntod zu spenden. Es ist ein persönlicher Wunsch, seine Organe nach dem Hirntod nicht zu spenden. Beide Wünsche sollten respektiert werden. Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Niemand darf zu diesem Geschenk gezwungen werden.“

Für die Diskussion und Abstimmung im Bundestag wird die Grünen-Chefin Annalena Baerbock zusammen mit neun anderen Abgeordneten (auch aus SPD, LINKE, CDU/CSU und FDP) einen eigenen Entwurf einbringen. Er sieht vor, dass jede*r Bürger*in weiterhin aktiv zustimmen muss, aber bei bestimmten Anlässen gezielt dazu befragt wird, z. B. beim Antrag für einen Pass oder Personalausweis in den offiziellen Ämtern.

Quellen:
Spiegel online, 28. März 2019
Stern online
aerzteblatt.de
Pressemitteilung Schwenninger Krankenkasse

Weitere Informationen zur Hirntod-Diagnostik und zur Organspende finden Sie unserer Broschüre „Organspende – Sie entscheiden“ sowie auf der gleichnamigen Kongress-Dokumentation auf DVD oder als Video on demand (Sie können auch beides zusammen im Paket erwerben).

zurück zur Übersicht