Nach Bremen, Hessen, Nordrhein und Sachsen-Anhalt hat jetzt auch die Ärztekammer Niedersachsen beschlossen, die Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ aus ihrem Weiterbildungs-Katalog zu streichen. Nur der Süden der Republik hat sich von diesem Globuli-Bashing noch nicht anstecken lassen: Die Ärztekammer Baden-Württemberg hat sich dafür ausgesprochen, die Zusatzbezeichnung auch weiterhin über Fortbildungen zu ermöglichen. Und der Bayerische Landtag hat gerade eine Studie auf den Weg gebracht, die prüfen soll, ob Naturmedizin dazu beiträgt, die Resistenzentwicklung bei Antibiotika einzudämmen. Anders als in vielen Medien berichtet, sollen Globuli aber nicht etwa den Einsatz von Antibiotika auf der Intensivstation ersetzen. Sie sollen vielmehr vor allem bei Infektionen der oberen Atemwege (Husten, Bronchitis, Nebenhöhlen- und Mittelohrentzündung) eingesetzt werden. Bei all diesen Krankheiten ist der Nutzen von Antibiotika nämlich höchst umstritten. Vielfach werden sie aber trotzdem eingesetzt, obwohl die Evidenz dafür äußert fragwürdig ist. Meist geht der Nutzen nicht über einen Placeboeffekt hinaus. Je häufiger Antibiotika jedoch eingesetzt werden, desto größer ist das Risiko, dass die Bakterien dagegen resistent werden und die Mittel dann eben gerade nicht mehr zur Verfügung stehen, wenn sie dringend gebraucht werden – zum Beispiel in der Intensivmedizin.

Es gibt jedoch sehr wohl Hinweise darauf, dass gerade Homöopathika bei Infekten der Atemwege sinnvoll und Scheinmedikamenten überlegen sein können. Das will die bayerische Staatsregierung jetzt genauer prüfen lassen. Dass die Investition in dieses Vorhaben durchaus sinnvoll ist, zeigen Daten aus der Schweiz. Dort verschreiben Ärzt*innen mit einer Zusatzausbildung in Homöopathie, Anthroposophischer Medizin, Pflanzenheilkunde, Akupunktur oder Traditioneller Chinesischer Medizin nur halb so oft Antibiotika wie rein konventionell arbeitende Ärzte. Die Behandlungserfolge sind jedoch genauso gut oder sogar besser.

Gleichermaßen wichtig ist aber auch die Aufklärung der Bevölkerung darüber, dass Antibiotika gerade bei den genannten Infekten oft nicht sinnvoll sind, weil es sich um durch Viren und nicht durch Bakterien bedingte Erkrankungen handelt. Gegen Viren sind Antibiotika jedoch wirkungslos.

Quellen:
aerzteblatt.de, 7. November 2019
Basler Zeitung, 13. November 2019
Deutsche Apotheker Zeitung online, 19. November 2019
taz, 28. November 2019

Hinweis:
Dass es um die Datenlage zur Homöopathie besser bestellt ist als immer behauptet, zeigt dieses aktuelle Gutachten, das die beiden Wissenschaftler Dr. Helmut Kiene und Dr. Harald Hamre anlässlich des geplanten Antrags zur Homöopathie auf dem Parteitag der Grünen angefertigt haben. Diese haben jetzt eine Kommission unter Führung von Robert Habeck eingesetzt, die bis zum nächsten Parteitag den Konflikt um die Homöopathie klären soll.

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