In Deutschland stehen die Kliniken unter immensem Druck. Viele Häuser machen Verlust – gerade die kleineren und mittleren. Und die großen setzen auf maximale Gewinnorientierung, um sich am Markt zu behaupten. In dieser angespannten Lage zeigt ein kleines Krankenhaus im Nordosten der Republik, dass es auch ganz anders geht: Das Krankenhaus Spremberg fällt durch eine ziemlich einzigartige Eigentümerstruktur auf: 51 Prozent der Gesellschafteranteile gehören den Beschäftigten.

Deutschlandradio Kultur berichtete: „Innen fällt auf: Es sieht alles nicht so richtig nach Krankenhaus aus. Der Eingangsbereich ist grün, die anderen Wände sind gelb oder blau. Doch das alleine ist es nicht. Was auffällt: Es ist sehr ruhig auf den breiten Gängen. Keiner schiebt ein Bett mit einem Patienten hektisch hin und her, keine Schwester läuft strammen Schrittes über die Flure. Das fällt auch einer Patientin auf, die soeben erst ihr Zimmer bezogen hat: ‚Ich war ja schon mal zu einer Krebsoperation in Leipzig, da war es hektisch, da ist Uni, da sind Studenten, da geht's rein und raus, man kommt sich manchmal vor wie auf dem Bahnhof. Und hier ist das total entspannt, wie es die Patienten brauchen. Finde ich sehr gut.‘"

Was ist anders in Spremberg? Dem Förderverein des Hauses gehören als Mehrheitsgesellschafter 51 Prozent der Anteile. Die anderen 49 Prozent gehören der Kommune. Diese Struktur entstand Ende der 1990er Jahre: "Auf Initiative unseres Betriebsrates und auch der Geschäftsführung wurde dann ein Gesellschaftermodell ins Leben gerufen, was völlig ungewöhnlich war, nämlich durch Finanzierung über unsere Mitarbeiter, Angestellte des Hauses, aber auch Nichtangestellte des Hauses. Das ist unser Förderverein." Für den wird eine Aufnahmegebühr von 250 Euro erhoben sowie ein Jahresbeitrag von 35 Euro. Inzwischen hat der Verein 285 Mitglieder. Davon sind 67 sogenannte "Außenmitglieder", also Bürger der Stadt. Die anderen – rund 70 Prozent – sind Mitarbeiter des Hauses. Das heißt, dass die Mitarbeiter mit entscheiden, was im Krankenhaus gemacht werden soll, zum Beispiel bei Bauvorhaben oder Personalentscheidungen. Mit Erfolg: Die Klinik schreibt seit 20 Jahren schwarze Zahlen. Und laut AOK-Krankenhaus-Navigator ist das Krankenhaus die beliebteste Klinik in ganz Ostdeutschland.

GESUNDHEIT AKTIV fordert schon lange, die Verantwortung für die medizinische Versorgung mehr in die Hände der Akteure vor Ort zu legen: „Das Beispiel des Krankenhauses Spremberg zeigt, wie heilsam und erfolgreich es für alle Beteiligten – Patienten, Ärzte, Pflegende, Klinikleitung – sein kann, wenn Menschen mehr Verantwortung übernehmen dürfen", sagt Dr. Stefan Schmidt-Troschke, Geschäftsführender Vorstand des Vereins. "Wenn jemand weiß, warum er etwas tut, ist er viel eher bereit, sich für seine Aufgabe einzusetzen und mitgestalten zu wollen.“

Quelle: „Modell für die Zukunft? Beschäftigte übernehmen ein Krankenhaus“, Deutschlandradio Kultur, 1. Februar 2017

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