Berlin, 4. September 2018. An der Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) scheiden sich die Geister. Während die einen jubeln, dass es nun eine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs gebe, warnen gleichzeitig viele Experten vor überzogenen Erwartungen und kritisieren nicht zuletzt die immensen Kosten dieser Impfung. Zumal „Gebärmutterhalskrebs durch den Gebrauch von Kondomen und effektive Früherkennungsprogramme ausreichend kontrolliert werden kann“, wie der Verein Ärzte für Individuelle Impfentscheidung kritisch anmerkt. Trotzdem wurde die Impfung von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Mädchen zwischen 9 und 14 Jahren empfohlen. Damit übernehmen die Krankenkassen die Kosten.

Argument der Gendergerechtigkeit

Nun rücken die Jungs in den Fokus: Obwohl bei der HPV-Impfung noch jede Menge Fragen offen sind und Langzeitstudien zur Impfstoffsicherheit fehlen, hat die STIKO im Sommer 2018 die Impfung auch für Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren empfohlen. Argumentiert wird von der STIKO vor allem damit, dass das Ziel der Empfehlung sei, "die gesellschaftliche Verantwortung für eine Reduktion der HPV-Krankheitslast in Deutschland auf beide Geschlechter [zu verteilen]". Zum anderen sollen aber auch andere (seltene) bösartige Erkrankungen wie Penis-, Anal- oder Plattenepithel-Karzinome des Mund-Rachen-Bereichs, die mit einer HPV-Infektion assoziiert sind, reduziert werden.

Umstrittene Entscheidung

Kritik an der Empfehlung kommt nicht nur von den Ärzten für Individuelle Impfentscheidung. Auch die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), die die Hausärztinnen und Hausärzte vertritt, distanziert sich: „Aufgrund mangelnder wissenschaftlicher Evidenz für die Impfempfehlung und mangelnder Transparenz der vorgelegten Modellierung kann die DEGAM der Beschlussvorlage allerdings in diesem Fall nicht zustimmen.“ Die Fachgesellschaft erklärt unter anderem, dass die angestrebten Impfquoten „schwer erreichbar bis unmöglich“ seien. Die DEGAM zieht ein negatives Fazit: „Unabhängig davon können wir bereits jetzt Mängel der vorgelegten Modellierung erkennen, die zu einer relevanten Überschätzung des Impfnutzens und einem dramatischen Unterschätzen der Kosten führen.“

Auch Dr. Stefan Schmidt-Troschke, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Geschäftsführender Vorstand von GESUNDHEIT AKTIV, warnt: „Die zu erwartenden Resultate der HPV-Impfung sind überschaubar – abgesehen davon, dass Langzeitstudien komplett fehlen. Trotzdem werden immense Ressourcen dafür bereitgestellt. Das zeigt, welche Prioritäten in unserem Gesundheitswesen gesetzt werden. Wenn man bedenkt, was man alles mit den Millionen machen könnte – zum Beispiel in der frühen Prävention bei Kindern ober in der Pflege ... Es ist bitter, dass die vorhandenen Mittel weniger in die so dringend benötigten und persönlich zu erbringenden Hilfeleistungen investiert werden, als in pharmakologische Scheinlösungen. Wir von GESUNDHEIT AKTIV setzen uns deshalb für einen konstruktiv-kritischen Umgang mit dem Thema Impfen ein.“

Weitere Informationen
Weitere Infos zur HPV-Impfung beim Verein Ärzte für Individuelle Impfentscheidung.

Wie Sie zu einer selbstbestimmten Entscheidung zum Impfen kommen, erfahren Sie in unseren Videos und Broschüren – hier geht’s zur Übersicht.

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