Etwa 8.500 Menschen stehen in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Sie alle warten nicht nur auf ein neues Organ, sondern damit schlicht auf weitere Lebensjahre, die ihnen dadurch geschenkt werden. Doch die Wartezeit wird immer länger, knapp 30 Prozent weniger Organspenden wurden allein im ersten Quartal dieses Jahres registriert, und der Trend setzt sich fort. Gründe dafür sind nicht eindeutig erkennbar. Vermutlich wurden durch die Corona-Krise und der dadurch vermehrten Arbeitsbelastung in den Kliniken schlicht weniger Organtransplantationen als üblich durchgeführt. Daneben ist aber auch nach wie vor die konkrete Bereitschaft zur Spende von Organen gering, nur etwa 15 Prozent der geeigneten Spender hatten bereits vorab ihre Zustimmung schriftlich erteilt. Im Gegenzug dazu zeigt allerdings eine kürzlich veröffentlichte Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), dass grundsätzlich Vertrauen und eine hohe Akzeptanz beim Thema Organspende in der Bevölkerung vorhanden sind: Rund 84 Prozent der Menschen in Deutschland stehen Organ-und Gewebespenden generell positiv gegenüber. Damit steigt der Anteil kontinuierlich. Um diese Akzeptanz auch in tatsächliche Spenden umzuwandeln, fordert nun Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach anlässlich des Tags der Organspende (immer am ersten Samstag im Juni) die erneute Diskussion der sogenannten Widerspruchslösung, die der Bundestag 2020 aus guten Gründen abgelehnt hatte. Mit einer Widerspruchslösung würden alle Menschen automatisch zu Organspendern, sofern sie dem nicht ausdrücklich widersprechen. In Deutschland bleibt bislang allerdings weiterhin nur derjenige möglicher Spender, der einer Spende zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat. Nun soll der Bundestag sich erneut mit dem Thema beschäftigen, so hätte es zumindest der Minister gerne: „Es hat sich keine Verbesserung für die Menschen ergeben, die ein Organ benötigen. Wir bekommen das Problem sonst nicht gelöst.“ Allerdings sind auch noch längst nicht alle Bundestagsbeschlüsse aus dem Jahr 2020 umgesetzt, so verzögert sich die Einrichtung des Online-Organspenderegisters, das zu März 2022 fertig sein sollte, weiterhin und auch was die verpflichtende Information durch Krankenkassen oder staatliche Stellen angeht, ist noch viel zu tun.

GESUNDHEIT AKTIV meint:

Schon 2015 haben wir uns mit unserer Kampagne „Organspende – Wir wollen alles wissen“ dafür eingesetzt, dass die Zustimmung zur Organspende nicht mit tendenziösen Informationen „erschlichen“ wird. Wir haben uns dafür stark gemacht, dass der Begriff „Hirntod“ genau erklärt wird und Menschen umfassend über den Vorgang einer Transplantation informiert werden. Aber die Materialien, die es von offizieller Seite zur Organspende gibt, klären über die Fakten rund um den Hirntod und den Vorgang der Organspende selbst nur unzureichend auf – vieles wird verschwiegen. Wer sich für oder gegen eine Organspende entscheiden soll, braucht klare, umfassende und ehrliche Informationen. Sonst ist keine freie und selbstbestimmte Entscheidung möglich. Vor diesem Hintergrund können wir einer Widerspruchslösung nicht folgen. Die Entscheidung zu einer Organspende kann nur eine bewusste sein. Menschen Organe zu entnehmen, die sich ggf. nie mit der Frage befasst haben, ob sie das eigentich wollen oder nicht, verstößt gegen die menschliche Würde, zu der es eben auch gehört, auch über den Tod hinaus über sich selbst bestimmen zu können.

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