Schon seit über 30 Jahren ist bekannt, dass Frauenherzen anders schlagen – nicht nur seelisch, sondern auch ganz körperlich. Ein Herzinfarkt zeigt sich bei Frauen z. B. eher durch Übelkeit, Schmerzen im Oberbauch und Rücken und nicht – wie bei Männern – durch ein Ziehen im linken Arm und ein Engegefühl in der Brust. Aber immer noch werden viele Frauen erstmal falsch behandelt, bevor man dem Infarkt auf die Spur kommt. Manchmal ist es dann schon zu spät.

Aber nicht nur bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern auch ganz im Allgemeinen ticken Frauen und Männer anders, wenn es ums Kranksein geht. Denn die hormonellen Anteile im Organismus prägen die Zellen auf unterschiedliche Art und Weise. Das spielt vor allem eine Rolle, wenn es darum geht, wie Medikamente verstoffwechselt werden. Und so kann es sein, dass ein bestimmtes Arzneimitteln Männern nutzt, Frauen aber eher schadet und umgekehrt.

Das Problem ist nur: In der Forschung und vor allem bei der Zulassung von Medikamenten wird das meist zu wenig berücksichtigt. „70 Prozent der Medizinstudierenden sind inzwischen weiblich, aber in der Deutschen Fachgesellschaft für Kardiologie saß noch nie eine Frau im siebenköpfigen Vorstand“, bemängelt Prof. Dr. med. Vera Regitz-Zagrosek, Gründungsdirektorin des Berliner Instituts für Geschlechterforschung in der Medizin an der Charité Berlin. „Frauenspezifische Probleme werden kleingeredet. Die Gesundheitspolitik muss anfangen, den Unterschied ernst zu nehmen.“

Mit dazu beitragen soll die von Prof. Regitz-Zagrosek zusammen mit Kolleginnen gegründete Deutsche Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin. Und auch die Bundesregierung hat 2018 eine eigenen Förderschwerpunkt zur „Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Besonderheiten in der Gesundheitsversorgung, Prävention und Gesundheitsförderung“ aufgelegt.

Aber auch die Frauen selbst können etwas dazu beitragen, damit das Bewusstsein über die geschlechtsspezifischen Besonderheiten wächst: „Fragen Sie beim Arztbesuch, ob ein Medikament, das Ihnen verschrieben werden soll, auch an Frauen getestet wurde, und ob die Dosierung bei Frauen anders ist als bei Männern“, rät Prof. Regitz-Zagrosek.

Quellen: 
ze.tt, 12. Januar 2020
aerzteblatt.de, 31. Januar 2020

Buchtipp:
Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek und Dr. med. Stefanie Schmid-Altringer: Gendermedizin. Warum Frauen eine andere Medizin brauchen. Mit Praxistipps zu Vorsorge und Diagnostik. Scorpio Verlag, 280 Seiten, Hardcover, 22 Euro (auch als E-Book erhältlich)

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