Patienten wollen und müssen stärker in medizinische Entscheidungen eingebunden werden. Obwohl diese Forderung nicht neu ist, sieht es mit der Umsetzung eher mau aus. Zum Beispiel warten Patient*innen immer noch darauf, im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), dem obersten Entscheidungsgremium in der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, ein Mitspracherecht zu bekommen. Die Wissenschaft ist da schon einen Schritt weiter. Unter dem Fachausdruck „Patient-reported Outcome“ wird zumindest in der Krebstherapie schon seit einiger Zeit erforscht, was es für die medizinische Versorgung bedeutet, die Betroffenen stärker einzubeziehen. Nun hat eine aktuelle US-Studie gezeigt, dass sich dadurch die Überlebenszeiten in der Krebstherapie verlängern lassen.

An der Studie hatten rund 800 Personen teilgenommen, die wegen einer metastasierten Krebserkrankung behandelt wurden. Die eine Hälfte der Patientengruppe wurde gebeten, mindestens einmal pro Woche im Internet einen Fragebogen zu zwölf häufigen Nebenwirkungen von Krebsbehandlungen auszufüllen. Wenn die Patient*innen über ein Symptom oder eine Verschlechterung berichteten, wurde automatisch eine E-Mail-Benachrichtigung an das Behandlungszentrum ausgelöst. Die Ärzt*innen konnten dann schneller auf eine Komplikation reagieren. Die andere Gruppe nahm an der üblichen Versorgung mit regelmäßigen Terminen in der Klinik teil. In diesem Studienarm konnten die Ärzt*innen häufig nur zeitlich verzögert auf das Befinden der Patient*innen reagieren.

Die Auswertung der Studiendaten zeigte, dass die stärkere Einbindung der Patient*innen zunächst die gesundheitsbezogene Lebensqualität deutlich verbesserte (34 Prozent vs. 18 Prozent in der Vergleichsgruppe mit der regulären Versorgung). Es kam auch seltener zu Komplikationen: Die Patient*innen mussten seltener als Notfall behandelt (34 versus 41 Prozent) oder hospitalisiert werden (45 versus 49 Prozent). Aber auch ihre gesamte Überlebenszeit verbesserte sich auf 31,2 Monate gegenüber 26 Monaten in der Kontrollgruppe.

Die Studie zeigt ganz klar, wie sehr es für Patient*innen darauf ankommt, gefragt, gehört und einbezogen zu werden. Dass dies ethisch geboten ist, ist die eine Seite. Die andere ist, dass kranke Menschen einen echten Vorteil beim Überleben haben, wenn sie sich stärker einbringen können. "Das sind hoch interessante Zusammenhänge, zu denen wir viel mehr Forschung brauchen“, so Stefan Schmidt-Troschke von GESUNDHEIT AKTIV. „Gerade in der Onkologie hieß es lange: je mehr Therapie, desto besser! Wie es den Betroffenen dabei ging, war oft eher zweitrangig. Studien wie die zum ‚Patient-reported Outcome‘ zeigen, dass es auch anders geht. Bitte mehr davon!“

Weitere Informationen:
Deutsches Ärzteblatt, 5. Juni 2017
Die Studie im Original: JAMA, June 4th, 2017

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