Berlin, 11. November 2018. Obwohl wir im 21. Jahrhundert leben: Die Gesundheitsversorgung in Deutschland orientiert sich immer noch zu wenig an den Bedürfnissen und Präferenzen der Patientinnen und Patienten. Das zeigt eine neue Studie aus den Niederlanden. Und die Ärzte Zeitung titelte süffisant: „Pfeifen zu viele Ärzte auf die Wünsche der Patienten?“.

Shared Decision Making

Bei der Studie ging es um die Frage, inwieweit das so genannte „Shared Decision Making“, also das gemeinsame Entscheiden in medizinischen Fragen im medizinischen Alltag ankommt. Dabei wurde analysiert, ob und wie Patienten in die Entscheidungsfindung des Arztes einbezogen wurden. Die Ergebnisse: Zwar strebten Ärzte stärker als früher die gemeinsame Entscheidungsfindung an (was über eine Skala gemessen wurde), dennoch konnten die Forscher in den konkreten Patientengesprächen kaum Belege für eine Verbesserung der Patientenorientierung finden. Am wenigsten achten die Ärzte darauf, herauszufinden, welche Vorgehensweise ein Patient bevorzugen würde oder wie weit er überhaupt einbezogen werden möchte.

Wo bleibt die Patientenperspektive?

Dass es um die Patientenorientierung im medizinischen Alltag nicht zum Besten steht, wurde auch auf dem 17. Deutschen Kongress für Versorgungsforschung (DKVF) in Berlin diskutiert. Bei dem Kongress hatten sich rund 800 VertreterInnen aus Medizin, Wissenschaft und Politik getroffen, um über die jüngsten Entwicklungen in der Versorgungsforschung zu diskutieren. Auch GESUNDHEIT AKTIV war dabei.

Die ExpertInnen waren sich einig: Vor allem bei der Wahl von Diagnose- und Therapiemaßnahmen wird die Perspektive der Betroffenen häufig nicht ausreichend berücksichtigt. Ärzte sollten stärker als bisher nicht nur die medizinischen Aspekte, sondern auch die Präferenzen, die Lebenssituation und das Umfeld der Betroffenen bei der Behandlung einbeziehen.

Vielversprechende Konzepte

Dazu ist es nicht nur wichtig, Forschungsergebnisse transparent zu machen und mit allen Beteiligten, einschließlich der PatientInnen, zu diskutieren, sondern vor allem, die Betroffenen selber in die Gestaltung der Forschungsvorhaben miteinzubeziehen. „Es ist großartig, dass die Versorgungsforschung nun erkannt hat, dass auch die zu beforschenden Objekte, sprich die PatientInnen, partizipativ in die Projekte eingebunden werden müssten", lobt Maja Thiesen, Stellvertretende Geschäftsführerin, die für GESUNDHEIT AKTIV am Kongress teilgenommen hat. „Bislang wurden oft Themen beforscht, die für PatientInnen eigentlich gar nicht so relevant sind!"

Weitere Informationen

Pfeifen zu viele Ärzte auf die Wünsche der Patienten?“, 15. Oktober 2018, Ärzte Zeitung
Informationen zum Kongress Versorgungsforschung

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