Beim „ThemenCheck Medizin“ können Bürger*innen seit 2016 Fragen zu bestimmten Themen aus der Medizin an das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) richten. Das Institut analysiert dann die jeweilige Studienlage in Form einer wissenschaftlichen Gesundheitstechnologie-Bewertung (englisch „Health Technology Assessment“, HTA) und veröffentlicht die gewonnenen Erkenntnisse zu Vor- und Nachteilen oder auch zur Sinnhaftigkeit einer bestimmten Diagnostik oder TherapieDie Ergebnisse werden auch an Institutionen und Akteure weitergeleitet, z. B. an die Krankenkassen, wodurch sich die Berichte direkt auf die Versorgung der Patient*innen auswirken können. 

Jetzt sind drei weitere solcher HTA-Berichte publiziert worden. Sie betreffen die Frage nach dem Nutzen von Screeningmaßnahmen auf das Behandlungsergebnis bei Hodenkrebs, den Einfluss von Dauer und Häufigkeit einer Physiotherapie bei Halswirbelsäulensyndrom (HWS-Syndrom) und den Einfluss von Licht und Vitamin D auf eine Herbst-/Winter-Depression. 

Für die Früherkennung von Hodenkrebs scheint es wegen der niedrigen Fallzahlen und der guten Therapieoptionen keinen Sinn zu machen, alle Männer über 16 Jahre auf Hodenkrebs zu screenen. Um einen einzigen Todesfall zu verhindern, müssten sich 200.000 Männer untersuchen lassen. Angesichts dieser hohen Zahl besteht ein hohes Risiko für falsch positive Ergebnisse oder unnötige eingreifende Maßnahmen bei Verdacht auf Hodenkrebs. Die Experten betonen jedoch, dass die Empfehlung womöglich anders aussehen könnte, wenn man bestimmte Risikofaktoren mit einbezieht und vor allem ältere Männer berücksichtigt. Generell erscheint es sinnvoll, dass Männer aller Altersgruppen regelmäßig ihre Hoden abtasten und bei Auffälligkeiten zum Arzt gehen. 

Das Halswirbelsäulensyndrom (HWS-Syndrom) betrifft Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich verschiedener Ursachen, die rund ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung betreffen. Der Nutzen von Physiotherapie hat sich hier bereits in mehreren Studien bestätigt, vor allem Massagen, eine Kombination aus Massage und Wärme sowie aktive Krankengymnastik im Bewegungsbad. Das Forscherteam der Universität Witten/Herdecke kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass die Studienlage zu diesen Therapien nicht ausreicht, um eine klare Empfehlung abzugeben.  

Von einer Herbst-/Winterdepression sind in Deutschland ca. 2,5 Prozent der Bevölkerung regelmäßig betroffen. Sie klagen über Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Gleichgültigkeit und gedrückte Stimmung, nicht selten gepaart mit Heißhungerattacken, die in Übergewicht münden, und eine entsprechend eingeschränkte Lebensqualität. Es gibt Hinweise darauf, dass sich diese Art von Depression mithilfe von Tageslichtlampen ähnlich gut wie mit stimmungsaufhellenden Medikamenten oder einer Verhaltenstherapie lindern lässt. Allerdings fehlt es an Langzeitdaten zur Lichttherapie, weil die Betroffenen in den bisher vorliegenden Studien nicht über die zwei- bis achtwöchige Therapiephase hinaus nachbeobachtet wurden. Zum Nutzen von Vitamin D lagen keine Studien vor. 

Vorschläge für neue Themen sind willkommen können jederzeit und ohne medizinische Fachkenntnisse online eingereicht werden. Diese Möglichkeit sollte ruhig noch mehr genutzt werden! 

Quellen:
idw, 3. Juli 2020