Newsletter Februar 2021 - Die Pflege ist sicher der Bereich im Gesundheitswesen, der am stärksten vom direkten Kontakt zwischen den Pflegenden und den zu Pflegenden geprägt ist, von menschlicher Zuwendung, direkter Wahrnehmung und Fürsorge. Künftig sollen in der Pflege jedoch mehr „digitale Helfer“ eingesetzt werden, das Bundeskabinett beschloss dazu am Mittwoch den Gesetzentwurf „zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege“. Auch wenn menschliche Zuwendung die Basis für gute Pflege sei, so könnten sinnvolle Apps doch helfen, den Alltag besser zu bewältigen, meint Jens Spahn. Dazu gehört z. B. das Sturzrisiko zu minimieren, das Gedächtnis zu trainieren oder die Kommunikation zu verbessern. Die Pflegeberatung soll um digitale Elemente erweitert und im ambulanten Pflegebereich sollen elektronische Verordnungen eingeführt werden.

Die Pflege-Apps sollen durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen werden und erstattungsfähig sein. Geplant sind Mehrausgaben von gut 130 Millionen Euro. Ob und wie dadurch die Pflege entlastet wird, sei „nicht quantifizierbar“, heißt es.

Schon 2019 hatte der Bundestag ein „Digitales Versorgungs-Gesetz“ beschlossen, mit dem Gesundheits-Apps von den Kassen erstattet werden können. Datenschützer warnten jedoch vor derzeit nicht kalkulierbaren Risiken. Deshalb will das Kabinett den Datenschutz jetzt etwas stärken: Hersteller sollen der Schweigepflicht unterliegen und ein Sicherheitszertifikat verpflichtend etablieren. Auch Telemedizin will die Regierung fördern: In der Arztpraxis sollen Online-Leistungen vereinbart werden können; Hebammen, der kassenärztliche Bereitschaftsdienst und andere sollen telemedizinische Tätigkeiten anbieten können und Krankschreibungen im Rahmen einer Fernbehandlung möglich sein. Als zentraler Speicherort aller Daten und Funktionen soll die elektronische Patientenakte fungieren, die damit noch mehr aufgewertet wird. So sollen ab 2023 alle Versicherten und Leistungserbringer im Gesundheitswesen digitale Identitäten erhalten und eine E-Health-Kontaktstelle aufgebaut werden.

Last but not least soll das nationale Gesundheitsportal gesund.bund.de mit noch mehr Daten aus der vertragsärztlichen Versorgung gefüttert werden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen werden beauftragt, die Daten dafür zusammenzuführen und nutzbar zu machen. Auf diesem Portal sollen die Versicherten künftig auch ihre elektronische Patientenakte und elektronische Rezepte abrufen können.

Der Clou dieses „Digitalen Versorgungs- und Pflege-Modernisierungsgesetzes“ verbirgt sich jedoch in dem neu aufgenommenen §176: Darin wird Solidargemeinschaften wie z. B. der Samarita zugestanden, eine Ersatzfunktion für die Gesetzliche Krankenversicherung wahrnehmen zu können, sofern die jeweilige Solidargemeinschaft zum Zeitpunkt des Gesetzes bereits bestanden hat – das ist ein echter Durchbruch nach vielen Jahren zähen Verhandelns.

GESUNDHEIT AKTIV meint:
Auch wenn die Digitalisierung im Gesundheitswesen nicht aufzuhalten sein wird und auch zweifellos einige Vorteile birgt, so stellen sich doch viele Fragen, vor allem zum Datenschutz und zur Zentralisierung der Daten auf dem Portal der Bundesregierung. Und offenbar hat es sich inzwischen in der Politik eingebürgert, Gesetze zu immer größeren, intransparenten Paketen zusammenzuschnüren. Intransparenz schafft Misstrauen. Bürger*innenfreundlich geht anders.

Quellen:
heise.de, 20. Januar 2021
aerzteblatt.de, 20. Januar 2021

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