Deutschland liegt mit einer Kaiserschnitt-Rate von 31 Prozent deutlich über der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Rate von 10 bis 15 Prozent. Dabei sind rund 90 Prozent der Schnittentbindungen aus medizinischer Sicht nicht zwingend notwendig. Die Gründe sind vielmehr: Ein Kaiserschnitt ist  gut planbar und wird dem Krankenhaus besser vergütet als eine normale Geburt. Außerdem fehlt Ärzten heute bei schwierigen Geburten zunehmend die Erfahrung, da ist es leichter, "sicherheitshalber" einfach zum Messer zu greifen. 

Experten kritisieren schon lange, dass die langfristigen Folgen von Kaiserschnitten nicht genug erforscht werden, eine breite Debatte über Vor- und Nachteile der Schnittentbindung, unterstützt durch große Forschungsvorhaben, steht bisher noch aus. Nun liegt eine große Übersichtsarbeit vor, die Vor- und Nachteile eines Kaiserschnitts im langfristigen Vergleich untersucht hat. Ausgewertet wurden 80 Studien mit Daten von rund 30 Millionen Frauen.

Langfristig negative Folgen
Die unmittelbaren Risiken eines Kaiserschnitts wie Infektionen oder Embolien sind heute gering. Anders sieht es mit den Langzeitfolgen aus: „Für die Frau bedeutet ein Kaiserschnitt, dass spätere Schwangerschaften erschwert werden (Subfertilität) oder häufiger in einer  Fehl- oder Totgeburt enden. […] Auch für das Kind kann eine Schnittentbindung langfristig von Nachteil sein. Epidemiologische Studien zeigen, dass die Kinder später häufiger an Asthma leiden und Übergewicht entwickeln“, schreibt das Deutsche Ärzteblatt. Vorteilhaft an einer Sectio ist für die Mutter lediglich, dass ein Kaiserschnitt mit einem geringeren Risiko von Inkontinenz und Beckenboden-Problemen einhergeht.

Die Forscher hoffen, dass ihre Ergebnisse zu einer besseren Aufklärung über die tatsächlichen Risiken eines Kaiserschnittes beitragen können. „Dazu sind wir alle gefordert“, meint Dr. Hauke Schütt, Leitender Arzt der Geburtshilfe an der Filderklinik bei Stuttgart. „Es ist ein Unding, dass ein Kaiserschnitt von den Krankenkassen immer noch deutlich besser vergütet wird als eine natürliche Geburt, die viele Stunden oder manchmal auch Tage dauern kann. Diese Schieflage kann man durchaus korrigieren.“

Quelle:
Ärzteblatt online, 24. Januar 2018
PLOS Medicine, January 23, 2018 

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