Newsletter Dezember 2020 – Das sind alarmierende Ergebnisse, die der von der Handelskrankenkasse (HKK) beauftragte Demenzreport 2020 zutage gebracht hat: Jeder Dritte der dort Versicherten mit einer Demenzdiagnose erhielt Psychopharmaka, jeder Fünfte Mittel gegen Demenz, jeder Zehnte rasch abhängig machende Beruhigungsmittel (Benzodiazepine). Die Senioren werden damit unnötigen Risiken ausgesetzt, denn – so der Gesundheitswissenschaftler Prof. Dr. Gerd Glaeske, der den Report im Auftrag der Kasse erstellt hat – es sei seit langem bekannt, dass die Psychopharmaka das Sterblichkeits- und Schlaganfallrisiko um das 1,6- bis 1,7-fache erhöhen.

Meist verordnen Hausärzt*innen die Mittel, weil die Demenzkranken Halluzinationen haben, unruhig sind und aggressiv, ängstlich und apathisch, wodurch die Pflegenden stark belastet werden. Es sei aber nicht belegt, so Glaeske, dass die Medikamente solche Verhaltensauffälligkeiten positiv beeinflussen, vielmehr beeinträchtigen sie die kognitive Leistungsfähigkeit und schmälern damit die Lebensqualität. Es sei stark zu vermuten, „dass der Mangel an Pflegepersonal durch die Arzneimittel ausgeglichen werden soll, das ist nicht zu verantworten.“ Das Ruhigstellen von Menschen könne keine Strategie sein. Glaeske forderte stattdessen eine personenzentrierte, aktivierende Pflege und mehr Personal, um den Bedarf an Medikamenten zu senken. „Gebt uns mehr Pfleger, dann brauchen wir weniger Haldol“, zitierte Glaeske einen der im Rahmen des Reports befragten Pfleger (Haldol ist der Handelsname eines Neuroleptikums, das bei Psychosen und Schizophrenien eingesetzt wird, um Nervosität und Unruhe zu mindern und Halluzinationen und Wahnvorstellungen abzuschwächen).

Genauso wichtig: eine ausgewogene Ernährung und vor allem eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Denn viele alte Menschen erscheinen dement oder verwirrt, weil sie zu wenig trinken. Das Durstgefühl lässt bei ihnen nach, und sie vergessen das Trinken ganz einfach.

Quelle:
pharmazeutische-zeitung.de, 23. November 2020
univadis.de, 25. November 2020
aerzteblatt.de, 21. Oktober 2020