Newsletter März 2021 - In Hamburg, Deutschlands zweitgrößter Metropole mit fast 2 Millionen Einwohnern, startete das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) eine aufschlussreiche Studie: Analysiert wurde das Fünf-Jahres-Überleben von 73.106 Patient*innen, die im Hamburgischen Krebsregister erfasst und zwischen 2004 und 2018 an Darm-, Lungen-, Brust- oder Prostatakrebs erkrankt waren. Um den sozioökonomischen Status der 103 Stadtteile einzuordnen, in denen die Betroffenen wohnten, nutzten die Epidemiologen den Hamburger Sozialindex, der Arbeitslosenquote, Anzahl der Sozialwohnungen und der Sozialhilfeempfänger, Wohnungsgröße und Haushaltseinkommen erfasst.

Die Analyse der Daten ergab, dass umso mehr Krebskranke nach fünf Jahren noch lebten, je höher der sozioökonomische Status des Stadtteils war, in dem sie wohnten. Besonders auffällig war dies bei Männern mit Prostatakrebs sowie bei Patient*innen mit Darmkrebs.

Eine der möglichen Erklärungen für diese teilweise erheblichen Differenzen könnte die unterschiedliche Wahrnehmung von Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen sein, aber möglicherweise auch eine generell bessere Ausgangsbasis bei den besser Situierten, sich um sich selbst zu kümmern.

GESUNDHEIT AKTIV meint
Der hier wiedergegebene Befund ist nicht neu. Dennoch schockiert der Zusammenhang von sozialen Lebensumständen und Krankheit immer wieder. Die Lebenszeit von Menschen mit Krebserkrankungen wird in deren letzten Lebensmonaten oft noch mit aufwendigsten Behandlungen verlängert, meist nur um wenige, nicht selten leidvolle Wochen. Wie steht all das im Verhältnis zu den vielen Lebensjahren, die Menschen hierzulande verlieren, weil sie nicht wirklich teilhaben konnten an den Möglichkeiten und Chancen unserer Gesellschaft? Mehr noch: In der Corona-Pandemie wird derzeit jeder einzelne Tote in den Nachrichten mehrfach täglich gezählt. Menschen mit Krebserkrankungen, die einfach deshalb früher sterben, weil sie geringere Bildungschancen hatten, und eine viel höhere Anzahl ausmachen als die Corona-Toten, genießen nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit. Warum nur?

Quellen:
Pressemitteilung des DKFZ, 3. März 2021
Originalstudie: Lina Jansen et al., „Socioeconomic deprivation and cancer survival in a metropolitan area: an analysis of cancer registry data from Hamburg, Germany“, The Lancet, Februar 2021

Veranstaltungs-Tipp: Der Kongress Armut und Gesundheit ist die größte regelmäßig stattfindende Public Health-Veranstaltung in Deutschland. In diesem Jahr findet er virtuell statt, vom 16. bis 18. März 2021, unter dem Motto „Aus der Krise zu Health in All Policies“.