Rückenbeschwerden zählen zu den großen Volksleiden, erfordern aber nur in ganz bestimmten Fällen eine Operation. Trotzdem nehmen diese Operationen stark zu, wie die Bertelsmann Stiftung in ihrem aktuellen „Faktencheck“ im Juni 2017 vorgerechnet hat. Besonders auffällig ist, dass die Häufigkeit von Operationen am Rücken je nach Wohnort der Patienten unterschiedlich hoch ausfällt. Zum Beispiel wird eine so genannte Versteifungsoperation in den Kreisen Fulda und Hersfeld-Rotenburg (Hessen) fünfmal häufiger durchgeführt als im Kreis Ravensburg (Baden-Württemberg), im Vergleich zu Frankfurt (Oder) sogar 13-mal häufiger. Besonders hohe Operationszahlen weisen viele Kreise in Thüringen, Hessen und im Saarland auf. Bei Dekompressionsoperationen am Wirbelkanal wurden ebenfalls Unterschiede bis zum 13-fachen, bei Bandscheibenoperationen bis zum 6-fachen festgestellt. Warum die Versorgung in den Regionen so unterschiedlich ist, lässt sich mit den zur Verfügung stehenden Daten nur schwer erklären, so die Bertelsmann Stiftung.

Thüringen Spitzenreiter bei den Rücken-OPs
Neben den starken regionalen Unterschieden wurde eine Zunahme der operativen Eingriffe festgestellt: Von 2007 bis 2015 kletterten sie von 452.000 auf 772.000, ein Anstieg um 71 Prozent. Besonders stark war die Steigerung in Thüringen, wo sich die Zahl dieser Operationen in acht Jahren verdreifachte. Parallel zu den OP-Zahlen hat sich auch die Zahl der Krankenhausaufenthalte aufgrund von Rückenerkrankungen von 2007 bis 2015 um 154.000 auf 611.000 Fälle pro Jahr erhöht. Das entspricht einem Zuwachs von 34 Prozent. Zum Vergleich: Die Zahl aller stationären Behandlungen ist im gleichen Zeitraum nur um 12 Prozent gewachsen.

„Es kann nicht sein, dass eine medizinische Therapie, wie eine Operation bei Rückenschmerzen, deren Wirksamkeit sehr kontrovers diskutiert wird, trotzdem inzwischen quasi Standard ist. Noch unverständlicher ist natürlich, dass die Häufigkeit dieses Eingriffes davon abhängt, wo der Patient wohnt. Die Zahlen zeigen eindeutig, dass die medizinische Versorgung hierbei nicht an den Bedürfnissen der Patienten orientiert ist, sondern an denen der Leistungserbringer! Damit wird ein kostbares Gut verspielt – das Vertrauen der Patienten“, kommentiert Stefan Schmidt-Troschke, Geschäftsführer von GESUNDHEIT AKTIV.

Weitere Informationen
Die Ergebnisse des Faktenchecks der Bertelsmann Stiftung gibt es hier im Überblick.

Die ARD ist den Ergebnissen in der Sendung „Operieren und kassieren“ am 19. Juni 2017 nachgegangen.

Wie man bei Rückenschmerzen größtenteils ohne Operationen auskommt, zeigt die Komplementärmedizin immer wieder mit eindrucksvollen Beispielen und mittlerweile auch mit handfesten Studienergebnissen.

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