Patientenvertreter*innen müssen im Gesundheitswesen besser bezahlt und mit mehr Rechten ausgestattet werden! Vor allem im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), wo die Patient*innen zwar mitsprechen können, aber kein Stimmrecht haben, und im gerade neu organisierten Medizinischen Dienst (MD) besteht Nachholbedarf, mahnt der Paritätische Gesamtverband an. Dessen Vorsitzender, Rolf Rosenbrock, sagte, es müsse selbstverständlich sein, dass Patientenvertreter*innen in alle Entscheidungen einbezogen werden, um die Perspektive derjenigen einzubringen, die das System nutzen. Auch sei es nötig, die Unabhängigkeit der Vertretungen zu stärken.

Für den G-BA fordert der Verband ein umgehendes Stimmrecht in Verfahrensfragen und perspektivisch auch ein volles Stimmrecht für die inhaltlichen Beschlüsse. Derzeit muss das Votum der Patientenvertreter*innen zwar protokolliert werden, für die Abstimmung spielt es jedoch keine Rolle. 

Außerdem fordert der Verband, die „Unabhängige Patientenberatung“ (UPD) in eine gemeinnützige Trägerschaft zu überführen, um die Unabhängigkeit zu sichern und Patient*innen besser einbeziehen zu können. Die Reform des Medizinischen Dienstes macht diesen jetzt unabhängiger von den Krankenkassen. Diese müssen den MD zwar finanzieren, haben aber auf dessen Entscheidungen keinen direkten Einfluss mehr.  Auch sitzen künftig Patientenvertreter*innen im Verwaltungsrat.

GESUNDHEIT AKTIV meint
Die Forderung nach einer wirklich relevanten Beteiligung von Patient*innen, wenn es darum geht, über die Leistungen der Krankenkassen zu entscheiden, ist alt und dennoch aktuell, ja dringender denn je. Die Patient*innenbänke im Gemeinsamen Bundesausschuss sind auch heute nicht irrelevant. Vertreter*innen, mit denen wir in Verbindung stehen, berichten, dass ihre Anliegen durchaus gehört werden. Menschen, die diese Interessen vertreten, sind allerdings vielfach selbst über lange Jahre bereits Funktionäre im System. Viele der Beteiligten in den Unterausschüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses kennen sich seit Jahren. Das Gremium selber ist nicht wirklich demokratisch legitimiert, und es muss auch kritisch danach gefragt werden, ob die artikulierten „Patient*innen“- Interessen wirklich das abbilden, was sich ein Großteil der Versicherten wünscht.

So ist es uns von Seiten GESUNDHEIT AKTIV z. B. in den letzten Jahren nicht gelungen, das Thema Komplementärmedizin oder Anthroposophische Medizin zu platzieren, weil die angesprochenen Vertreter*innen ohnehin der Meinung waren, das habe mit wissenschaftlicher Evidenz nichts zu tun und somit keine Chance, in diesem Gremium beraten zu werden. Ein interessanter Ansatz ist die von der Robert Bosch Stiftung ins Leben gerufene Initiative „Neustart“, die Bürger*innen dazu motiviert, ihre eigenen Vorstellungen einzubringen, um das Gesundheitssystem zu verändern. Das gesamte Sozial- und Gesundheitswesen braucht mehr Demokratie!

Quelle:
aerzteblatt.de, 6. November 2019

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