Es war ein perfektes Timing: Wenige Tage nach der Wahl gingen über 50 Videos mit Gesprächen zwischen Künstler:innen und Wissenschaftler:innen online. #allesaufdentisch heißt diese Informationsoffensive von Künstler:innen, gewissermaßen eine Nachfolgeaktion der aufsehenerregenden, ironisch angelegten Aktion #allesdichtmachen. Jeweils ein:e Künstler:in unterhält sich darin mit einer/einem Wissenschaftler:in über ein bestimmtes Thema: Volker Bruch z. B. mit dem Medienwissenschaftler Michael Meyen über Faktenchecker, Nina Proll mit der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot über Demokratie und Eigenverantwortung, Miriam Stein mit den Arzt Matthias Schrappe über Evidenzbasierte Medizin oder Alexa Rodrian mit dem Kinder- und Jugendarzt Steffen Rabe über die Corona-Schutzimpfung bei Kindern. Es sind Interviews, die deutlich machen sollen, was alles NICHT auf den Tisch gekommen ist in diesen Corona-Zeiten, und die einen „breitgefächerten, faktenbasierten, offenen und sachlichen Diskurs“ und auch eine ebensolche Auseinandersetzung mit den Videos einfordern.

Mit am interessantesten bei der Aktion sind die schwarz gebliebenen Felder auf der Homepage – dort steht, wer abgesagt oder auf die Anfrage für ein Gespräch gar nicht erst geantwortet hat. Und das sind bekannte Persönlichkeiten: u.a. Mai Thi Nguyen-Kim (Wissenschaftsjournalistin), Harald Lesch (Wissenschaftsjournalist, Astrophysiker), Richard David Precht (Philosoph), Alena Buyx (Vorsitzende des Deutschen Ethikrats), Lothar Wieler (Präsident des Robert Koch Institus), Markus Söder (CSU-Vorsitzender, Bayerischer Ministerpräsident), Jens Spahn (Bundesgesundheitsminister), Christian Drosten (Chef-Virologe der Charité und Berater der Kanzlerin), Ugur Sahin (Chef von BioNTech und Mitentwickler des Covid-19-Impfstoffs „Comirnaty“), Sandra Ciesek (Virologin), Karl Lauterbach (SPD-Gesundheitsexperte), Helge Braun (Kanzleramtsminister).

„Es ist Zeit für den Runden Tisch“, heißt die Petition, die die Künstler:innen gleichzeitig ins Leben gerufen haben. Gefordert wird darin ein „regelmäßig stattfindender Runder Tisch für das Corona-Krisenmanagement, an dem Wissenschafter:innen verschiedener Disziplinen mit unterschiedlichen Standpunkten interdisziplinär und evidenzbasiert diskutieren und anschließend die Politik beraten. Wichtig ist, dass in diesem Gremium auch Wissenschaftler:innen gehört werden, die nicht in institutioneller staatlicher Abhängigkeit stehen. Sämtliche Ergebnisse und daraus resultierende Maßnahmen sollen transparent mit allen Bürger:innen kommuniziert werden.“

In einem ausführlichen Interview mit der Berliner Zeitung äußert sich Schauspieler Volker Bruch (bekannt als Gereon Rath aus „Babylon Berlin“), einer der Initiatoren der Aktion, zu seinen Beweggründen: „Wenn ich Missstände sehe und sie nicht benenne, dann stimme ich zu und akzeptiere sie. Das möchte ich nicht. (…) Aktuell zum Beispiel wird massiver Druck auf Ungeimpfte ausgeübt, obwohl die Datenlage sagt, dass eine Impfung nur einen selbst vor einem schweren Verlauf schützt. Eine Herdenimmunität, welche ja als Argument für die Impfung aus Solidarität genommen wird, wird es nicht geben. Also warum lassen wir nicht einfach jeden frei entscheiden, ob er eine Impfung für sich möchte oder nicht. (…) Wir haben als Künstler, als Menschen, die wir sind, Wissenschaftlern Fragen gestellt, die Journalisten aktuell zu wenig stellen.“

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