Wärme ist für uns Menschen elementar und überlebenswichtig. Nicht nur, was unsere Lebensfunktionen betrifft. Oder weil wir sie als wohlig und entspannend empfinden. Sie spielt auch im Sozialen eine große Rolle: Es wird uns warm ums Herz, wenn wir uns mit unseren Mitmenschen verbunden fühlen oder merken, wenn jemand kühl und distanziert ist. 

Vor diesem Hintergrund erscheint es umso bedeutsamer, dass die Menschheit nicht nur im 21. Jahrhundert besonders „cool“ erscheint, sondern dass sich das sogar in der Körpertemperatur spiegelt. Seit 1851 hat sich da ein Mittelwert von 37 Grad etabliert, der seither nicht in Frage gestellt wurde. Nun hat sich ein US-Forscherteam von Infektionsmediziner*innen große Kohortendaten von 1860 bis heute vorgenommen und die mittlere Körpertemperatur der Personengruppen analysiert. Was die insgesamt 677.000 Thermometer-Angaben zeigen, ist überraschend: Mit jedem Jahrzehnt sank die menschliche Durchschnittstemperatur. Bei Frauen mit 0,32 Grad etwas weniger als bei Männern, bei denen sie sogar um 0,59 Grad abnahm. Heute sind wir laut Datensätzen „cooler“ denn je, so dass die Wissenschaftler*innen meinen, künftig müsse 36,5 Grad als die gesunde Körpertemperatur des Menschen gelten.

Ab wann gilt dann eine erhöhte Temperatur als Fieber und somit Anzeichen von Kranksein? Bislang gilt alles als Fieber, was 37,8 Grad übersteigt. Ob das bereits als „krank“ bezeichnet werden kann, sei dahingestellt. Denn Fieber ist die gesündeste und wirksamste Antwort, die unser Körper hat, um Viren und Bakterien zu bekämpfen. Das weiß man aus der aktuellen Fieberforschung, mit der sich auch die Anthroposophische Medizin intensiv beschäftigt. Sie versteht eine erhöhte Körpertemperatur schon immer als Selbstregulations-Prozess des Menschen, wenn es darum geht, eine Krankheit abzuwehren und zu überwinden.

Und darin liegt auch schon eine mögliche Erklärung für den Cool-Down-Effekt. Denn im Laufe der Jahrhunderte wurden die Menschen immer gesünder und älter. Heftige Infektionskrankheiten, wie sie z. B. mit Tuberkulose oder Syphilis im 19. Jahrhundert noch weit verbreitet waren, setzten den Körper in einen anhaltenden Entzündungszustand und Abwehrkampf – was wohl zu einer höheren Körpertemperatur führte. Auch hat über Generationen hinweg die menschliche Körpergröße zugenommen, und ebenso haben sich die Ernährung sowie unser Bewegungsverhalten verändert. Mehr Bauch und Masse sowie weniger Bewegung haben einen verlangsamenden Effekt auf den Stoffwechsel, was wiederum die Körperkerntemperatur sinken lässt.

Weitere Informationen:
Lese-Tipp: GESUNDHEIT AKTIV – DAS MAGAZIN, Themenschwerpunkt Wärme
Warm up to fever, Webseite mit Fragen und Antworten rund um das Thema Fieber bei Kindern

Quellen:
Süddeutsche Zeitung, 21. Januar 2020
Original-Studie, 07. Januar 2020

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