Deutschland liegt mit einer Kaiserschnitt-Rate von 31 Prozent deutlich über dem Durchschnitt der OECD-Länder (27 Prozent). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält eine deutlich niedrigere Rate von 10 bis 15 Prozent für realistisch und erstrebenswert. Besonders problematisch: Rund 90 Prozent der Schnittentbindungen haben eine sogenannte relative Indikation. Das bedeutet, sie sind aus medizinischer Sicht nicht zwingend notwendig. Experten kritisieren, dass die Risiken dieses Eingriffs, der nur echten Notfällen vorbehalten sein sollte, nicht sorgfältig genug berücksichtigt werden.

Die Kontroverse um die hohe Rate an Kaiserschnitten (medizinisch "Sectio") wird durch aktuelle und große Studien neu befeuert. So zeigt der Geburtenreport der Techniker Krankenkasse vom Juni 2017, dass per Kaiserschnitt entbundene Kinder deutlich öfter an Infektionen, insbesondere der Atemorgane, bis hin zu chronischen Krankheiten, die bereits im Kindesalter auftreten können, leiden.

Selbstvertrauen stärken, Angst und Stress vermeiden
Im Umfeld und Kontext einer werdenden Mutter sind vor allem die Faktoren Zeit, Vertrauen und die persönliche Begleitung (z. B. durch eine Hebamme) entscheidende Faktoren, damit die Geburt sicher und natürlich stattfinden kann. Das zeigt die Anthroposophische Medizin in der Praxis: In den anthroposophischen Geburtskliniken wird die natürliche Geburt bevorzugt gefördert. Die bundesweit niedrigste Kaiserschnitt-Rate mit 14,2 Prozent (2016) hat die anthroposophisch orientierte Filderklinik in Filderstadt bei Stuttgart. Dr. med. Hauke Schütt, Leitender Arzt in der Geburtshilfe, stemmt sich gegen den globalen Trend zu immer mehr Schnittentbindungen: „Die allermeisten Geburten lassen sich natürlich begleiten. Daran orientieren wir uns, das ist unser klar definierter Fokus. Für mich ist eine niedrige Sectio-Rate ein Qualitätsindikator. Das ist heute leider nicht mehr selbstverständlich.“

Das Team der Geburtshilfe in der Filderklinik kann sich auf eine gute Ausbildung und jahrzehntelange Erfahrung verlassen. So gelang es dem Geburtsteam auch, dass schon zweimal in diesem Jahr Drillinge auf natürlichem Wege geboren werden konnten: „Wir machen einfach eine saubere Geburtshilfe, darauf sind wir als Team spezialisiert“, so Dr. Schütt. Gleichzeitig gehe es darum, Gelassenheit und Kompetenz vorzuleben: „Angst und Stress sind die größten Feinde einer natürlichen Geburt. Wir konzentrieren uns ganz auf die individuellen Bedürfnisse der Frau und vermitteln ihr dabei, dass eine Geburt ein ganz natürlicher Vorgang ist, bei dem wir so wenig wie möglich intervenieren sollten. Das überträgt sich in der Regel auf die Frauen, die dadurch entspannter werden und wieder mehr Vertrauen in ihre eigenen Kräfte entwickeln."

Schütt sieht die hohen Kaiserschnitt-Raten auch als gesamtgesellschaftliche Herausforderung: „Wir alle können viel dazu beitragen, die Sectio-Rate zu senken. Auch ökonomisch: Nach wie vor wird ein Kaiserschnitt von den Krankenkassen deutlich besser vergütet als eine natürliche Geburt, die viele Stunden oder manchmal auch Tage dauern kann. Diese Schieflage kann man durchaus korrigieren. Ein erster Schritt für eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem Thema wäre, die Geburtskliniken endlich zu verpflichten, ihre jeweilige Kaiserschnittrate anzugeben. Das kann doch nicht so schwer sein – in der Schweiz geht es ja auch!“

Weitere Informationen:
Geburtshilfe an der Filderklinik (inklusive Video)

zurück zur Übersicht