Berlin, 02. September 2019 - Gerade in der Medizin wird ja gerne etwas zum Standard erhoben und in Leitlinien festgeschrieben. Auf welch tönernen Füßen das oft steht, zeigt jetzt eine Analyse von Diana Herrera-Perez von der Oregon Health & Science University in Portland (USA). Sie hat sich gemeinsam mit Kolleg*innen 3.017 Studien angesehen, die zum höchsten Standard der Evidenz-basierten Medizin gehören und zwischen 2003 und 2017 in den drei führenden wissenschaftlichen Fachjournalen veröffentlicht wurden (New England Journal of Medicine, The Lancet, Journal of the American Medical Association JAMA). 

Das Ergebnis lässt aufhorchen: 396 dieser Studien haben dazu geführt, dass bereits etablierte Verfahren wieder abgeschafft und durch andere ersetzt wurden. Am häufigsten geschah das in der Kardiologie, aber auch bei den medikamentösen Therapien. Die Hormontherapie in den Wechseljahren hat inzwischen ebenso an Bedeutung verloren wie das routinemäßige Anlegen von Kompressionsstrümpfen am Oberschenkel bei Schlaganfall-Patienten, um tiefen Venenthrombosen vorzubeugen. Auch Meniskusrisse werden heute seltener arthroskopisch (über eine Gelenkspiegelung) behandelt, weil die Ergebnisse zu wünschen übrig lassen. Nicht selten geht es auch hin und her bei den Studien: Die eine zeigt einen Vorteil, eine andere kann das nicht bestätigen.

Ein schönes Beispiel dafür, dass manches eben doch nicht von Dauer ist – auch nicht in der Wissenschaft.

Quellen:
aerztezeitung, 10. August 2019
Originalstudie in eLIFE, 11. Juni 2019 

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