Die Entscheidung war eindeutig: Mit 379 Nein- gegen 292 Ja-Stimmen hat der Deutsche Bundestag am 16. Januar 2020 den Antrag von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dem SPD-Abgeordneten Karl Lauterbach für eine doppelte Widerspruchsregelung zur Organspende schon bei der ersten Abstimmung über die beiden Entwürfe (Widerspruchs- gegen Zustimmungsregelung) abgelehnt. Damit ging der Antrag in die weiteren Abstimmungen nicht mehr mit ein, sondern es wurde nur mit „Ja“ oder „Nein“ über den Entwurf von Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und ihren Mitstreiter*innen abgestimmt. Dabei bekam die erweiterte Zustimmungslösung in der dritten Lesung eine noch klarere Mehrheit als in der zweiten: 432 (382) Abgeordnete stimmten mit Ja, 200 (261) mit Nein, 37 (28) enthielten sich.

Dass das Ergebnis so eindeutig ausfallen würde, kam eher unerwartet, hatten die Befürworter*innen des Spahn-Antrags, darunter auch viele Ärztegesellschaften und -vertreter*innen doch sehr laut, sehr lange und mit kräftiger Unterstützung der Medien dafür getrommelt. Dass das Parlament nun anders entschieden hat, zeigt, dass die Zweifel an der Berechtigung und auch an der Sinnhaftigkeit eines so weitreichenden Eingriffs in das Selbstbestimmungsrecht des Menschen überwogen.

Zu Recht und zum Glück, wie auch GESUNDHEIT AKTIV meint. Denn das Hauptproblem bei den niedrigen Transplantationszahlen in Deutschland ist weniger die Spendebereitschaft der Menschen, sondern es sind die Strukturmängel in den Krankenhäusern. Solange diese noch weiter bestehen – und sie sind definitiv noch lange nicht behoben –, wird sich wenig daran ändern, dass viele Schwerkranke lange Jahre auf ein Spenderorgan warten müssen. Und solange es immer wieder Organspende-Skandale gibt, wird sich auch kein Vertrauen einstellen, dass bei einer Transplantation alles mit rechten Dingen zugeht.

Der Gesetzentwurf von Annalena Baerbock fördert die Auseinandersetzung mit diesem heiklen Thema und fordert immer wieder dazu auf, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden. Bleibt zu hoffen, dass die damit verbundenen Materialien dann auch wirklich alle Informationen bereitstellen, die Bürger*innen brauchen, um sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden. Es ist aber auch zu erwarten, dass Spahn und Lauterbach nicht locker lassen werden, doch noch irgendwann die Widerspruchsregelung durchzudrücken – schon jetzt wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass man dann eben in ein paar Jahren den nächsten Vorstoß unternehmen werde. Umso wichtiger ist eine umfassende und ergebnisoffene Aufklärung der Bevölkerung.

Weitere Informationen zum Thema Organspende und Hirntod finden Sie unter:
www.gesundheit-aktiv.de/kompetent-entscheiden/organspende

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