Die Mehrheit der Deutschen ist im Laufe des Lebens von Depression betroffen – entweder direkt aufgrund einer eigenen Erkrankung (23 Prozent) oder indirekt als Angehöriger (37 Prozent). Dennoch wissen viele Menschen wenig über die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten einer Depression. Sie wird vor allem als psychische Reaktion auf widrige Lebensumstände angesehen und weniger als eine Krankheit, die jeden treffen kann. Diese Einschätzungen ermittelte im November 2017 das erste „Deutschland-Barometer Depression“ der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und der Deutsche Bahn Stiftung. Rund 2.000 Personen zwischen 18 und 69 Jahren nahmen an der repräsentativen Befragung teil.

Körperliche Ursachen?
Die Erhebung zeigte, dass nahezu alle Deutschen die Ursachen der Depression in Schicksalsschlägen (96 Prozent) und Belastungen am Arbeitsplatz (94 Prozent) sehen. Dass sie auch biologische Ursachen haben kann, ist dagegen nicht ganz so bekannt. 63 Prozent wissen um die Relevanz der erblichen Komponente einer Depression. Ebenfalls rund zwei Drittel wissen, dass während der Depression der Stoffwechsel im Gehirn gestört ist. Trotzdem machen viele Menschen anscheinend (zumindest unterschwellig) die Betroffenen selbst verantwortlich: Über die Hälfte der Befragten glaubt, dass die Depression durch eine „falsche“ Lebensführung ausgelöst wird. Und knapp ein Drittel sieht gar in einer Charakterschwäche die Ursache.

Auch bei den Behandlungsmöglichkeiten der Depression wissen die Deutschen noch nicht ausreichend Bescheid. So glaubt rund jeder fünfte Befragte, dass „Schokolade essen“ (18 Prozent) oder „sich zusammenreißen“ (19 Prozent) geeignete Mittel seien. Aber: „Depressionen werden gemäß der nationalen Versorgungsleitlinie mit Antidepressiva und/oder Psychotherapie behandelt“, stellt Prof. Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, klar.

Mehr Verständnis
„Insgesamt nehmen sich jeden Tag 28 Menschen in Deutschland das Leben – viele aufgrund einer unzureichend behandelten Depression oder anderer psychischen Erkrankungen. Das sind mehr Menschen, als zusammengerechnet an Verkehrsunfällen, Drogen, Mord und HIV sterben!“, sagt Stefan Schmidt-Troschke von GESUNDHEIT AKTIV. „Umso tragischer ist es, dass viele nicht wissen, dass Depressionen unbedingt medizinisch behandelt werden sollten und nicht durch einen ‚falschen‘ Lebensstil ausgelöst werden. Schuldzuweisungen, und seien sie auch noch so subtil, zeigen allerdings, wie hilflos sich auch viele Angehörige fühlen. In unserer Gesellschaft, die gnadenlos auf Effizienz getrimmt ist, haben Depressionen einfach wenig Platz. Dafür ein anderes Bewusstsein zu schaffen, ist unser aller Aufgabe.“

Weitere Informationen
Datenmaterial zur Studie sowie Info-Grafiken finden Sie bei der Deutschen Depressionshilfe

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