September 2025: Angesichts steigender Zahlen zu möglichen Behandlungsfehlern hat der AOK-Bundesverband in einem aktuellen Positionspapier umfassende Vorschläge zur Stärkung der Patientenrechte vorgelegt. Insbesondere geht es um eine Änderung der Beweislast bei Behandlungs- und Pflegefehlern: Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent soll künftig als Nachweis genügen, damit Patient:innen ihre Ansprüche geltend machen können.

Aktuell müssen die Betroffenen beweisen, dass der Schaden im vollen Umfang durch einen Fehler verursacht wurde, zudem muss zuvor nachgewiesen werden, dass überhaupt ein Schaden vorliegt – für viele Patient:innen so nicht leistbar, so die AOK.  

Daher fordert die AOK mehr Transparenz durch eine umfassendere Akteneinsicht für Patient:innen, die auch Metadaten und Dienstpläne einschließt, sowie klare Regeln für den Umgang mit schadhaften Medizinprodukten.

Die Zahlen zeigen den Handlungsdruck: 2024 wurden den AOKs rund 16.660 neue Verdachtsfälle gemeldet – am häufigsten bei orthopädischen Eingriffen. Knapp 29 Prozent bestätigten sich nach Begutachtung als Fehler. Die Folgekosten sind hoch: Allein 2024 wurden 49,7 Mio. Euro an Regresszahlungen durchgesetzt.

Die Vorschläge im Positionspapier werden von verschiedenen Seiten – etwa dem Medizinischen Dienst, dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung und Oppositionsparteien – ausdrücklich unterstützt. Die Bundesärztekammer hingegen reagierte ablehnend und warnte vor einer zu starken Einflussnahme durch die Krankenkassen (speziell der AOK). Weiterhin fürchtet die BÄK das Entstehen einer sogenannten „Defensivmedizin“, d.h. Ärzt:innen würden unter Umständen medizinisch angeratene, aber mit unvermeidbaren Risiken behaftete Eingriffe eher nicht mehr durchführen.

GESUNDHEIT AKTIV e.V. meint dazu:

Wir begrüßen den Vorstoß der AOK ausdrücklich. Es ist höchste Zeit, Patient:innen im Schadensfall nicht länger mit hohen Beweislasten zu belasten. Die ablehnende Haltung der Bundesärztekammer verwundert uns – sie verweist auf bestehende Schlichtungsstellen, bringt aber selbst keine weitergehenden Vorschläge zur Verbesserung der Situation ein.

Aus unserer Sicht gilt: Viele Patient:innen würden vermutlich auf Klagen und Beschwerden verzichten, wenn im Vorfeld eine bessere, persönlichere und vertrauensvollere Aufklärung stattgefunden hätte. Das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzt:innen und Patient:innen ist die Basis für Sicherheit, Verstehen und Zufriedenheit. In einer Zeit zunehmender Merkantilisierung der Medizin geht dieses Vertrauensverhältnis jedoch immer häufiger verloren.

Ein Update des Patientenrechtegesetzes ist daher dringend erforderlich. Wir unterstützen deshalb die Forderung nach einer gerechteren Beweislastregelung, nach transparenter Dokumentation und nach verbindlicher Information im Falle von Behandlungsfehlern. Entscheidend ist aber auch ein Kulturwandel: Weg von einer ökonomisierten Routine, hin zu einer Medizin, die Patient:innen ernst nimmt in ihrem Bedürfnis, gehört, gesehen und verstanden zu werden.

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