Newsletter September 2021 - In den „Triellen“ spielte die Gesundheitspolitik zwar bisher keine große Rolle, aber umso interessanter ist es, was die großen Parteien auf die Fragen des Virchowbundes antworteten. Der „Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e. V.“ hatte schon im März 2021 unter der Überschrift „Für ein zukunftsfähiges Gesundheitswesen“ 21 Eckpunkte zu den Bundestagswahlen beschlossen: u. a. fordert der Verband den Erhalt des freien Arztberufes, die Förderung der Selbstständigkeit, das Ende der Budgetierung und die Wiederherstellung der Niederlassungsfreiheit, eine angemessene Honorierung und die Abschaffung der Regresse, die Stärkung der Selbstverwaltung und den Ausbau der Kooperationen. Auf der Basis dieser Eckpunkte hatte der Virchowbund Fragen an die Parteien gesendet.

Bezeichnend: Um die Fragen zu beantworten, einigten sich die Parteien (außer der AfD) auf ein standardisiertes Verfahren, das maximal acht Fragen mit höchsten 300 Zeichen Umfang erlauben sollte – ein „bislang einzigartiger Vorgang in der bundesdeutschen Wahlgeschichte“, wie der Ärzteverband schreibt. Er bestand auf dem vollen Umfang des Fragenkatalogs, mit der Folge, dass nicht alle Parteien ihn beantworteten. Wo das Wahlprogramm Informationen dazu hergab, hat der Virchowbund deshalb diese dort eingesetzt. Zu vielen Punkten klaffen allerdings große Lücken – quer durch alle Parteien. Auffällig ebenso: die Unverbindlichkeit der Antworten, die Schwammigkeit der Aussagen.

An manchen Fragen und Antworten werden jedoch durchaus Unterschiede zwischen den Parteien deutlich. So meinen die Grünen z. B. zur Frage des Miteinanders von gesetzlicher und privater Krankenversicherung: „Das bisher gespaltene Versicherungssystem hat sich nicht bewährt. Es hat zu Fehl­anreizen wie Rosinenpickerei geführt, eine solidarische Finanzierung verhindert und die Wahlfrei­heit vie­ler Versicherter eingeschränkt. Zudem ist nicht sichergestellt, dass alle gesetzlich und privat Versicherten unabhängig vom Geldbeutel gut versorgt werden“. Man wolle das jetzige System in mehreren Schritten in ein „integriertes Krankenversicherungssystem“ überführen und „alle Versicherten fair und gerecht an der Finanzierung unseres Gesundheitswesens beteiligen“.

Ähnlich die Aussage der SPD: „Wir werden eine Bürgerversicherung einführen.“

Die FDP dagegen sagt: „Wir stehen für ein solidarisches und duales Gesundheitssystem, in dem die Wahlfreiheit der Versicherten durch Krankenkassen- und Krankenversicherungsvielfalt gewährleistet ist. Dazu gehört neben einer starken privaten auch eine freiheitliche gesetzliche Krankenversicherung.“ Auch die CDU/CSU will alles so lassen, wie es ist.

Dafür wird die AOK in ihren Positionen zur Gesundheitspolitik eher sehr konkret. Der Bundesverband der Ortskrankenkassen hat ausführliche Vorschläge erarbeitet, mit denen das Gesundheitswesen in den kommenden vier Jahren besser aufgestellt werden soll. „Wir wollen die Versorgung so gestalten, dass sie dort ankommt, wo sie benötigt wird“, schreibt der AOK-Bundesverband. „Für alle Versicherten muss ein guter Zugang zu einer gleichermaßen qualitativ hoch­wertigen, sicheren und wirtschaftlichen Versorgung sicher­gestellt werden, die sich an den individuellen Bedarfen der Patient:innen orientiert. Dafür müssen die Gesundheits­angebote vor Ort besser aufeinander abgestimmt werden und die Beteiligten müssen besser miteinander kooperieren. Dafür schlagen wir vor, die Versorgung vor Ort besser zu steuern, die Notfallversorgung neu auszurichten und mit Gesundheitszentren die ländliche Versorgung zu sichern. Kranken­häuser sollen sich so koordinieren, dass sie den Zugang zu spezialisierten Leistungen gezielter bieten können. Neue Nähe heißt auch, Versorgung digital besser zu organisieren.“

Quellen:
aerzteblatt.de, 25. August 2021
VirchowbundAOK Bundesverband, AOK-Positionen zur Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl 2021, letzter Abruf: 5. September 2021
Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2021