Es reduziert Stress und Krankheit bei Mutter und Kind, ist optimal zusammengesetzt und an die kindliche Verdauung angepasst, verringert den ökologischen Fußabdruck und steht dazu noch jederzeit und kostenlos zur Verfügung – Stillen ist immer noch unschlagbar, wenn es um die gesunde Ernährung eines Neugeborenen geht. Aber immer noch wird es zu wenig gefördert, haben viele Frauen Probleme damit. „Muttermilch ist auch in Deutschland immer noch zu selten und zu kurz erste Wahl bei Müttern, temporäre Stillprobleme führen vorzeitig zum eigentlich vermeidbaren Abbruch der Stillbeziehung“, schreibt der Deutsche Hebammenverband (DHV) und fordert: „Deutschland muss stillfreundlicher werden! Wir alle müssen den Rahmen dafür schaffen, dass Stillen für Mütter überall und jederzeit möglich ist!“

Wenigstens sechs Monate lang sollten Frauen ihr Neugeborenes stillen. Aber viel zu viele gehen schon nach wenigen Wochen zur Flaschennahrung über, meist weil sie den Eindruck haben, das Kind bekäme zu wenig Milch oder weil es andere Probleme mit dem Stillen gibt. „Es braucht bereits in der Schwangerschaft ein qualifiziertes Beratungs- und Informationsangebot“, sagt Aleyd von Gartzen, Beauftragte für Stillen und Ernährung im DHV. „Stillen will gelernt sein, braucht Zeit und Ruhe. Eine stillfreundliche Gesellschaft muss das Stillen unterwegs und am Arbeitsplatz ermöglichen.“

Wissenschaftliche Studien belegen, dass Schwangere, die gut über das Stillen informiert sind und den festen Vorsatz zum Stillen haben, dem Baby nachweislich länger die Brust geben. Entscheidend dafür ist eine kompetente und individuelle Betreuung in der sensiblen Phase rund um die Geburt durch Hebammen und Stillberaterinnen. Eine positive Resonanz in Familie, Partnerschaft und Gesellschaft unterstützen das Stillen ebenso.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat deshalb im Juli 2021 eine „Nationale Strategie zur Stillförderung“ erarbeitet. Sie hat das Ziel, die Stillfreundlichkeit in Deutschland zu verbessern und die Stillmotivation zu erhöhen: „Jede Frau soll nach individuellem Bedarf unterstützt werden“, heißt es in dem Strategiepapier. „Verbesserte Rahmenbedingungen sollen das Stillen, egal in welcher Lebenssituation, ermöglichen. So soll eine höhere Still-Initiierungsquote und eine längere Stilldauer erreicht und die Akzeptanz der Öffentlichkeit gesteigert werden.“

Mehr Sicherheit unter der Geburt und die Verankerung des Primats der Patientensicherheit im kommenden Koalitionsvertrag forderte auch das „Aktionsbündnis Patientensicherheit“ anlässlich des Welttages der Patientensicherheit am 17. September. Denn obwohl die Mütter- und Kindersterblichkeit in Deutschland sehr niedrig ist (es sterben weniger als vier Mütter pro 100.000 Geburten und durchschnittlich 3 Kinder pro 1.000 Geburten), besteht Handlungsbedarf. Jede fünfte bis jede zweite Frau verbindet mit der Geburt ihres Kindes Belastung, ein hohes Maß an Stress oder erlebt gar ein Geburtstrauma. Häufig sind vorher nicht erklärte und begründete medizinische Eingriffe sowie die fehlende persönliche und individuell zugewandte Begleitung durch eine Hebamme während der Geburt daran beteiligt. Zwei Drittel der unerwünschten Ereignisse unter der Geburt werden internationalen Studien zufolge als vermeidbar angesehen und gehen vor allem auf Fehler in der Kommunikation zurück.

Um diese Mängel zu beheben, ist vor allem eine bedarfsgerechte Personalausstattung der Geburtskliniken und -häuser nötig. Dies vor allem, wenn man bedenkt, dass immer mehr wohnortnahe Entbindungsstationen aus Kostengründen geschlossen werden.

 

Quellen:
Deutscher Hebammen-Verband
Netzwerk gesund ins Leben
aerzteblatt.de, 24. September 2021

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