Juli 2024: Auch der Bundesrat schlägt nun eine Reform der Organspenderegeln vor, um mehr Transplantationen zu ermöglichen. In einem vor der Sommerpause eingereichten Gesetzentwurf sieht er die Einführung der Widerspruchslösung vor, bei der alle Bürger:innen mit Wohnsitz in Deutschland automatisch als Organspender gelten, sofern sie nicht ausdrücklich widersprechen.
Dies soll die aktuelle Regelung ersetzen, die eine explizite Zustimmung erfordert. Der Bundesrat hofft, dass durch diese Änderung die Zahl der Organspenden steigt, da derzeit etwa 8.400 Menschen auf ein Spenderorgan warten, während im letzten Jahr nur bei 965 Personen Organe entnommen werden konnten. Im Bundestag hatte es kurz zuvor bereits einen ähnlichen Vorstoß gegeben, der ebenfalls kontrovers diskutiert wird.
Wann werden Organe gespendet?
Laut Transplantationsgesetz dürfen Organe – außer bei Lebendspenden – nur nach dem Tod entnommen werden. Der Tod wird hierbei gleichgesetzt mit einem irreversiblen Hirnversagen, üblicherweise bezeichnet als „Hirntod". Sobald dieser nach den Richtlinien der Bundesärztekammer festgestellt ist, kann ein Totenschein ausgestellt werden. Bis zur Organentnahme werden die Patienten intensivmedizinisch behandelt: ihr Herz schlägt weiter, während eine künstliche Beatmung erfolgt.
Im Organspendeausweis steht: „Für den Fall, dass nach meinem Tod eine Spende von Organen/Geweben zur Transplantation in Frage kommt, erkläre ich: Ja, ich gestatte, dass nach der ärztlichen Feststellung meines Todes meinem Körper Organe und Gewebe entnommen werden.“ Der Begriff „Tod“ bezieht sich hier auf das irreversible Hirnversagen. Diese Gleichsetzung ist jedoch umstritten, da es unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, ob Menschen mit einem irreversiblen Hirnversagen tatsächlich tot sind oder sich im Sterbeprozess befinden. Die rechtliche Definition basiert auf der Vorstellung, dass menschliches Leben im Gehirn als einer Art zentralem Steuerungsorgan verankert ist, was jedoch nur eine von vielen Ansichten ist.
Wir wollen alles wissen!
Unabhängig davon, wie man persönlich dazu steht, die eigenen Organe nach einem irreversiblen Hirnversagen anderen verfügbar zu machen: Es gibt viele ethische und rechtliche Bedenken gegenüber der Widerspruchslösung. Meistens wird dabei hervorgehoben, dass eine automatische Zustimmung ohne aktive Einwilligung der Betroffenen nicht als bewusste Entscheidung gewertet werden kann. Auch dürfte es mehr als fraglich sein, ob die Gesellschaft eine Art Anspruch auf die Organe eines verstorbenen Menschen haben kann, eines Menschen, dessen Leib nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes auch nachtodlich eine Würde zukommt. Außerdem wird über wesentliche Aspekte nicht deutlich aufgeklärt. Viele Menschen sind sich so der Vorgänge rund um eine Organentnahme nicht bewusst. Eine informierte Entscheidung ist so kaum möglich. Das wollen wir ändern!
Wer sich fundiert für oder gegen Organspende entscheiden soll, braucht klare, umfassende und ehrliche Informationen, die über alle Aspekte und möglichen Eingriffe aufklären.
Die Realität sieht anders aus:
- Wo steht, dass der „Hirntod“ als Todeskriterium selbst unter Ärzt:innen und Wissenschaftler:innen mittlerweile höchst umstritten ist?
- Wo steht, dass schon die Feststellung des „Hirntodes“ mit belastenden medizinischen Eingriffen verbunden ist?
- Wo steht, dass jede Organspende eine intensivmedizinische Versorgung eines als „tot“ definierten Menschen voraussetzt?
- Wo steht, dass ein potenzieller Organspender oder eine potentielle Organspenderin vielen Untersuchungen ausgesetzt wird?
- Wo steht, dass die Angehörigen den Organspender nicht bis zum Ende, bis zum letzten Atemzug, begleiten können?
Stattdessen liegt es in der Verantwortung des Einzelnen, sich selbst zu informieren. Mit anderen Worten: Eine Organentnahme ist auch ohne vorherige detaillierte Aufklärung des Spenders erlaubt. Das ist ein inakzeptabler Zustand!
Eine Entscheidung bzw. eine Zustimmung darf nicht erschlichen werden, weder durch eine Widerspruchslösung, noch dadurch, dass Menschen im Unklaren darüber gelassen werden, was faktisch geschieht.
Was ist ein Mensch?
An dem erneuten Vorstoß zur Widerspruchslösung entzünden sich tiefer gehende Fragen, die nur selten gestellt werden. Dr. Stefan Schmidt-Troschke, geschäftsführender Vorstand von GESUNDHEIT AKTIV e.V., regt zum Nachdenken an: „Ich kritisiere den Automatismus, mit dem die Gesellschaft Anspruch auf die Organe der einzelnen Menschen erhebt. Könnten wir dann nicht als Gesellschaft auch ganz andere Ansprüche an das Eigentum Verstorbener stellen? Ob Organe, ob der Leib etwas ist, das man nutzen und „ernten“ kann, ist mehr als fragwürdig. Was ein Mensch eigentlich ist, wird in diesem Kontext gar nicht mehr gefragt.“ Mit der erweiterten Zustimmungsregelung, wie sie derzeit in Kraft ist, bestehe bereits eine akzeptable Variante. Der bestehende Rechtsrahmen werde noch gar nicht ausgeschöpft, sodass ein erneuter Vorstoß keinen Sinn mache. Die Menschen könnten von den Krankenkassen regelmäßig und mit validen Informationen ausgestattet dazu aufgefordert werden, sich zu entscheiden und sich in das mittlerweile bestehende Organspendenregister einzutragen aber: „es hapert an der Kommunikation.“
Der Bundestag hat 2020 die ethischen Argumente für und gegen die Widerspruchslösung intensiv und sorgfältig diskutiert und aus gutem Grund mit Nein gestimmt. Regelmäßig sind es dann die niedrigen Spenderzahlen, auf deren Grundlagen dann ethisch bisher selbstverständliche Standards in Frage gestellt werden. Es gibt demnach keine wirkliche Begründung dafür, das nun erneut anzugehen, zumal es bessere Wege gibt, die Spenderbereitschaft zu erhöhen, aber den Menschen und ihren Angehörigen gleichzeitig eine wirklich freie Entscheidung zu ermöglichen.
Eine Publikation mit mehreren hilfreichen Vorträgen zum Thema:
https://www.gesundheit-aktiv.de/shop/organspende-sie-entscheiden-4
Unser alternativer Organspende-Ausweis:
https://www.gesundheit-aktiv.de/images/Downloads/GESUNDHEIT_AKTIV_Organspendeausweis.pdf
Ein anderer Vorschlag für einen alternativen Organspende-Ausweis:
https://organspende-entscheide-ich.de/der-andere-organspendeausweis/
Das Organspenderegister:
https://organspende-register.de/
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